Über

2022, Corona-Winter #3

Was haben wir gelernt? Was haben wir erfahren? Was hat sich verändert?

Diese Passage aus einem aktuellen ZEIT Interview mit Christian Drosten macht eine Idee der Bandbreite der Eindrücke aus bald drei Jahren Corona und dem Wechselbad an Gefühlen und Themen der Zeit auf:

‚ZEIT: Wir mussten in der Pandemie sehr schnell unterschiedliche Interessen abwägen: Wir wollten zuallererst Leben schützen. Dann haben wir gemerkt, wie hoch der Preis dafür sein kann: Wir realisierten, dass Kinder ein Recht auf Bildung behalten sollten, wenn wir nicht große soziale Verwerfungen in der Zukunft riskieren wollen. Haben wir in dieser Pandemie genug dazugelernt – oder tun wir es noch?

Drosten: Nach meinem Gefühl steht die Aufarbeitung erst am Anfang. Vielleicht ist das auf eine unbestimmte Zeit nach dem Krieg verschoben. Vielleicht wird es nie dazu kommen. Dabei bin ich mir sicher: Es gäbe noch viel zu diskutieren.‘

Mit ICH SCHREIB DIR VON ZUHAUS habe ich zu Beginn der Pandemie versucht, nicht nur die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Kommunikation in der Herausforderung zu thematisieren.

Vor allem ging es um einen Hinweis auf die prekäre Situation von Künstler*innen und Kulturbetrieb.

So unterschiedlich sich diese für die 65 Menschen dargestellt hat, die mir eine Postkarte zurückgeschickt haben, so vielfältig ist das Ergebnis, das jetzt ein letztes Mal im Rahmen einer von mir organisierten Ausstellung zu sehen ist.

Die Ausstellung findet im Rahmen und mit Unterstützung von statt. Für die Rahmen und Rahmungen Dank an Konrad Abeln

Zu Öffnungszeiten siehe DIE AUSSTELLUNG


Alles begann vor ziemlich genau einem Jahr. Die Idee zum Projekt ‚Ich Schreib Dir Von Zuhause‘ entstand, eine erste Ausstellung der Arbeiten in der in Münster folgte im Sommer 2020.

Auch wenn nun in diesem Jahr die bleibende Aktualität der Umstände eigentlich kein Grund zur Freude ist, freue ich mich doch über die Möglichkeit, ‚Ich Schreib Dir Von Zuhause‘ erneut zeigen zu können.

Nach der Ausstellung im SUPERRAUM von

geht es nun im Mai und bis Mitte Juni in die

in Düsseldorf.

Ob und wann ein Besuch möglich ist, erfahrt ihr hier unter Die Ausstellung und unter www.baustelle-schaustelle.de

‚Ich Schreib Dir Von Zuhause‘

Kultur- und Kunstszene mögen abstrakte Begrifflichkeiten sein, ihre Gestaltung und unsere Teilhabe bisher — unter ‚gewohnten‘ Gegebenheiten — immer auch herausfordernde, aber so etwas wie alltägliche ‚Normalität’. Wir sind es gewohnt, Ausstellungen zu besuchen, Kunst und Kultur zu konsumieren, zu diskutieren, darüber zu schreiben, im direkten Gespräch mit Künstler*innen zu stehen, so wie diese es ebenso, und drüber hinaus, gewohnt sind, ihre Arbeit als Broterwerb mit gesellschaftlich relevantem Mehrwert zu produzieren, zu zeigen, zu verkaufen.

Die derzeitige Situation, hervorgerufen durch die Corona-Pandemie, hat für alle Teilnehmer am Kulturleben einschneidende bis existenzielle Veränderungen mit sich gebracht.

Gestrichene oder verschobene Ausstellungen, gekürzte Ankaufs- oder Förderprogramme, fehlende Publizität, fehlende direkte Kommunikation und die häufig fehlende Wertschätzung – auch in Form finanzieller Unterstützung – durch die öffentliche Hand etwa, führen zu einer notwendigen und häufig schwierigen Neubewertung des künstlerischen Handelns als erheblichem Teil des Lebens.

Künstler*innen leben — so übertragen wie konkret — vom direkten Kontakt zum Publikum, von einer Interaktion, die die Wirkung ihrer Arbeit spürbar, erlebbar macht. Neben den finanziellen Einbußen und Herausforderungen gilt es, auch diese Fehlstelle im Denken und eventuell im Werk zu verarbeiten.

Die Aufrechterhaltung einer Kommunikation zwischen Künstler*innen und Publikum schien mir, scheint mir bis heute, eine entscheidende Maßnahme, das kulturelle Leben im möglichen Maße lebendig zu halten. Zu dieser Kommunikation gehören dabei ganz sicher die Mittel der digitalen Präsenz, aber eben auch fast schon antiquiert wirkende Wege, wie Briefe oder eben Postkarten.

Grundlage für das Projekt ‚Ich Schreib Dir Von Zuhause‘ war, neben der erwähnten Notwendigkeit einer bleibenden Kommunikation, die besondere Beschaffenheit einer vorgegeben, also bestimmten und — den Beschränkungen der Zeit folgenden — einschränkenden Projektionsfläche für Gedanken, Bilder, Impulse, Fragen etc.

Über 60 Künstler*innen, junge wie etablierte, aus Münster wie aus ganz Deutschland, haben dieser Idee folgend eine leere und an mich adressierte Postkarte erhalten, ergänzt um diesen Text:

‚Bei aller Ruhe, die uns gerade umgeben mag, ist da doch das laute Grollen der Abhängigkeiten zu vernehmen, deren seltsam zwiespältige Sicherheit wir nun in ihrer Erosion erleben.

Was bleibt und was geht, wo stehen wir und was wird kommen? 

Ich schicke eine leere, frankierte Postkarte, eine Bitte: 

ein Bild zu finden für die Fragen, die im Raum stehen, vielleicht die Frage selbst, eine Hoffnung, ein Wunsch, ein Impuls, eine Sehnsucht, ein Auftrag.

Ganz frei.’

Die zurückgesandten Karten sind Zeugnisse für die Vielfältigkeit künstlerischen Arbeitens einerseits, andererseits, und vor allem, aber auch Hinweise auf die Gedanken, die Veränderungen und Herausforderungen, denen die Beteiligten, als Abschnitt der Vielfalt, gegenüberstehen.